Moderne Anlagen verfügen über eine große Anzahl von Sensoren, Zählern, und Kameras, die während des Produktionsprozesses Daten in Echtzeit liefern. Diese Daten werden aufgezeichnet oder auch sofort ausgewertet und laufen in das Manufacturing-Execution-System (MES) ein, um die Produktion zu steuern, Ausschüsse zu vermeiden und die Qualität zu sichern. Eine andere Datengruppe, die Maschinendaten, überwacht die Produktionsanlage selbst und warnt vor Verschleiß, Ausfall oder Fehlfunktionen. Auch diese Daten sind in modernen MES verfügbar und dienen unter anderem dazu, Prozesse wie Instandhaltung und Wartung im Sinne von Predictive Maintenance zu unterstützen.
Üblicherweise erfolgt die Anzeige dieser Daten in Charts, auf Dashboards oder als Zahlenwerte in Schemabildern. Das Problem dabei ist, dass der Entstehungsort der Daten, obwohl er sehr genau bekannt ist, gar nicht oder nur schemenhaft angezeigt wird. Für viele Prozesse wäre es aber hilfreich, sofort den Einbauort des Sensors, Zählers oder der Kamera zu lokalisieren, um die richtigen Rückschlüsse aus den angezeigten Werten zu ziehen.
Unser Konzept der 3D-Datenverortung setzt voraus, dass die Anlage realistisch visualisiert ist, da sich ein Betrachter sofort darin zurechtfinden müssen kann. Dabei haben Erfahrungen gezeigt, dass dies nur mit Hilfe eines fotorealistischen Modells möglich ist.
Ein dreidimensionaler Digitaler Zwilling kann daher nicht ausschließlich von einem CAD- oder Punktwolkenmodell repräsentiert werden. Auch wenn es aufwendig modelliert ist, wird es dennoch nie den Eindruck vermitteln, den ein Betrachter bekommt, wenn er in der Realität vor der Anlage steht. Um der Realität nahe zu kommen, müssen CAD- oder Punktwolkenmodelle immer um hochqualitative Bilder oder Panoramaaufnahmen ergänzt werden. Darüber hinaus wird eine Anlage üoft verändert – diese Änderungen müssen auch im Digitalen Zwilling abgebildet werden. CAD-Konstruktionen sind dafür, jedoch, zu teuer und zu aufwändig. Hier bietet sich die fotografische Dokumentation neuer Situationen als Alternative an.
In einem solchen fotorealistischen Digitalen Zwilling auf Basis einer hybriden Datenstruktur, also 3D- und Bildmodell, sind die meisten datengebenden Bauteile schon direkt sichtbar oder können durch entsprechende Detailbilder sichtbar gemacht werden. Die Anzeige der Messwerte erfolgt dann genau an diesen Stellen.
Jeder Datenpunkt ist in dem Digitalen Zwilling dreidimensional verortet und enthält Links zur externen Datenablage. Somit konkurriert er nicht mit vorhandenen Datenverarbeitungsprogrammen, Datenbanken oder Cloudspeichern, sondern zeigt nur die Inhalte dieser Systeme an. Man könnte sagen, der Digitale Zwilling ist ein Interface, das dem Benutzer die Realität auf den Bildschirm am Arbeitsplatz holt und ihm einfachen Zugang zu allen möglichen Daten verschafft. Dabei erfolgt der Datenzugang selbstverständlich unter Berücksichtigung aller üblicher Rechte- und Authentifizierungsverfahren.
Mit der Navigation durch den fotorealistischen Digitalen Zwilling von jedem Ort der Welt und dem Zugang zu allen Produktions- und Anlagendaten in Echtzeit eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten der Digitalisierung. Das gilt ganz besonders dann, wenn die Produktionsanlagen nicht so ohne Weiteres besucht werden können. In der Coronakrise, in der das Reisen nicht mehr einfach möglich war, ist der fotorealistische Digitale Zwilling in Verbindung mit MES-Daten ein effektives Werkzeug geworden – und er wird auch weiterhin dazu beitragen, die Reisekosten und -zeiten zu minimieren.
Da der Digitale Zwilling der Träger der Datenpunkte im dreidimensionalen Raum ist und der Zwilling genau der Realität entspricht, aus dieser er durch fotogrammetrische Verfahren entstanden ist, lassen sich die Datenpunkte auch an der realen Anlage anzeigen. Hier kommt ein KI-unterstütztes Augmented-Reality-Verfahren zur Anwendung. Mit Hilfe eines Tablets wird das Bild der Anlage erfasst, in das dann automatisch die virtuellen Datenpunkte und Objekte eingeblendet werden. Über diese Datenpunkte lassen sich alle verknüpften Informationen abrufen. Die einzige Voraussetzung ist ein Internetzugang innerhalb der realen Anlage, was aber heute keine unerfüllbare Forderung mehr ist.
Neben dem Abruf von Informationen kann auch vor Ort am Digitalen Zwilling gearbeitet werden. Virtuelle 3D-Objekte lassen sich an geeigneten Stellen einbauen und sofort mit der Realität überprüfen. Störungen und Meldungen können erfasst und an die richtigen Stellen verortet werden, sodass es keine Verwechslungen mehr gibt, welche Anlage von der Störung betroffen ist. Wenn der Digitale Zwilling einen Eingriff in die reale Anlage, wie z. B. Schalten, Aktivieren, Öffnen oder Schließen, erlaubt, sind diese Funktionen auch in der AR-Umgebung ausführbar.
Die Verwendung des Digitalen Zwillings für AR hat erhebliche Vorteile gegenüber den heute verwendeten Methoden. Üblicherweise zeichnet das AR-System selbst die räumliche Umgebung in Form eines Mesh-Modells auf. In dieses Modell werden dann die virtuellen Informationen eingetragen.
Da unser Digitaler Zwilling ein exaktes, fotorealistisches Abbild der Wirklichkeit ist, kennt das AR-System schon seine Umgebung und alle darin abgelegten Informationen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass Einträge und Hinweise, die an einem Büroarbeitsplatz gesetzt werden, unmittelbar vor Ort zur Verfügung stehen. Das lässt eine kollaborative Arbeitsweise zu, die bisher nicht möglich war.
In einem unserer Forschungsprojekte wird die grundsätzliche Methode entwickelt, einen Roboter zu einer bestimmten Stelle in der Anlage zu schicken, um mit mobilen Sensoren Echtzeitdaten in der Realität zu sammeln oder sonstige Aufgaben zu verrichten. Die Stelle definiert ein Mensch am Digitalen Zwilling. Die gesamte räumliche Geometrie und damit auch der Weg ist im Zwilling bekannt und wird dem Roboter mitgeteilt. Seine autonomen Eigenschaften sorgen dafür, dass er unvorhergesehene Hindernisse umgeht und Zusammenstöße vermeidet.
Mit der Steuerung der Roboter über den Digitalen Zwilling umgehen Sie das aufwändige Anlernen in der realen Umgebung; das dürfte die Einrichtung von Robotern erheblich beschleunigen und günstiger machen.
Möchten auch Sie einen fotorealistischen Digitalen Zwilling Ihrer Industrieanlage erstellen und somit Zeit- und Kostenersparnisse erzielen? Dann schicken Sie uns eine Mail an info@framence.com oder rufen Sie uns an unter der 06251 5840 – wir beraten Sie gerne.